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Istanbul - Beijing 2004
April 30, 2004
 
Zeitreise (1): Die Antike

Fast alle antiken Ruinen in der Tuerkei stammen aus der Roemerzeit. Die alten griechischen Handelsstaedte an der kleinasiatischen Kueste wurden meist von den Persern zerstoert und spaeter von den Roemern erobert und ausgebaut. Von den klingenden Namen wie Ephesos, Pergamon oder Milet ist nicht viel uebrig geblieben. Die wichtigen Haefen verlandeten mit der Zeit, und die Bevoelkerung verliess ihre Staedte. Der Artemis-Tempel in Ephesos, einst eines der sieben Weltwunder, versinkt fast vollstaendig im Sumpf; der prachtvolle Zeusalter von Pergamon wurde komplett nach Berlin abtransportiert. Dennoch lassen die praechtigen marmornen Ueberreste, die technisch ausgekluegelten Konstruktionen, die fortschrittlichen Heiz- und Latrinensysteme den Wohlstand dieser Staedte noch erahnen. Hat man erst den Eintritt bezahlt (fuer Kuehe und Schafe frei), kann man sich praktisch ohne Einschraenkung im Gelaende bewegen und die schieren Ausmasse der Orte, die einst bis zu einer Viertelmillion EinwohnerInnen hatten, wandernd erfahren.

Jede Stadt ist anders, hat eigene Hoehepunkte. Die Akropolis von Pergamon thront imposant ueber dem weiten Land, in Ephesos flaniert man der ehemaligen Hauptstrasse entlang, und die Thermen von Milet lassen roemische Badefreuden lebendig werden. Unsere Favoritin ist das heute eher unbekannte Aphrodisias in der Naehe der eher enttaeuschenden weissen Kalkterassen von Pamukkale. Die Stadt ist gut erhalten, da sie bis lange in die byzantinische Zeit bewohnt und erst nach 1960 entdeckt und ausgegraben wurde. Mit ihrem flachen, gerastertern Grundriss und den ausgezeichneten Erlaeuterungen kann man sich das Herz der Stadt mit Marktplatz, Tempeln, Baedern, Rathaus, Sportstadium und Theater gut vorstellen. Das besterhaltene Theater allerdings steht in Aspendos. Unser Ausflug mit den lokalen Bussen nahm fast einen ganzen Tag in Anspruch, kostete dafuer einen Bruchteil der organisierten Tour und war um einiges spannender. Fuer die Rueckfahrt stellten wir uns wie Tuerken an die Autobahn und versuchten, einen Fernbus heranzuwinken. Nach bangem Warten hielt tatsaechlich einer an und brachte uns nach Antalya zurueck.
April 26, 2004
 
Unterwegs

Irgendwo auf der Strecke nach Izmir haelt der Fernbus an. Wir steigen aus, schnappen unser Gepaeck, hetzen über die vierspurige Landstrasse und erreichen heil den Minibus nach Bergama, der auf dem Pannenstreifen auf uns wartet. Klappt bestens, die türkische Reiseorganisation. Die Fernbusse haben die Qualitaet von Cars, die Chauffeure (şoför) fahren angenehm, und an Bord serviert ein Steward Tee und Kuchen - besser als auf dem Swissflug, aber bei 3 Franken pro Stunde noch billiger.



April 22, 2004
 
Dardanellen

Nachdem wir beide schon mehrmals Down-Under waren und um die Bedeutung des ANZAC (Australian-New Zealand Army Corps)-Days für dıe Aussies und Kiwis wissen, wollten wir auch die historischen Hintergründe von 1915 besser kennenlernen. So durchquerten wir im Bus Thrakien bis ganz nach Westen auf die Dardanellen. Dort angekommen, übernahm uns Ali, ein kompetenter und witziger Tourguide, übrigens ein ehemaliger U-Boot Kapitaen. Erschütternd, wie sich hier am landschaftlich reizvollen Eingang zum Bosperus alliierte und türkische Truppen eine erbitterte Schützengrabenschlacht geliefert haben. Über 8 Monate ohne nennenswerte Fortschritte, aber mit knapp 500'000 Toten oder Schwerverletzten.
Wie mitten im Schlachtgetöse verbringen wir die naechste Nacht. Eine mazedonische Teenager-Gruppe sorgt bıs 04.00 Uhr für Radau. Übernaechtigt, aber erfolgreich erkaempfen wir uns eine Preisreduktion.

Troja

Die Ruinen der Quelle der westlichen Kultur (das römische İmperium sah als seinen Stammvater Aenaeos, den letzten überlebenden Prinzen von Troja) sind nicht überwaeltigend und Schliemann zerstörte vieles bei seinen unprofessionellen Grabungen. Trotzdem ist es ein erhabenes Gefühl hier zu stehen, seinen Blick wie Hektor über die grüne Ebene schweifen zu lassen und sich vorzustellen, wie Achilles auf seinem Streitwagen die Stadt umkreiste. Das vorhandene trojanische Pferd ist hingegen mehr was für die Kinder.

April 11, 2004
 
Istanbul

Beim Geldwechsel am Flughafen werden wir auf einen Schlag Millionaere, ohne eine einzige knifflige Frage beantworten zu müssen. Atemberaubend sind in Istanbul jedoch nicht nur die Menge der Nullen auf den Geldscheinen, sondern auch die Menschenmassen auf den Strassen. An einem gewöhnlichen Sonntagnachmittag auf dem Markt herrscht ein Gedraenge wie am Basler Morgenstraich, und der Laerm der überfüllten Strassenkneipen übertönt sogar den Ruf des Muezzin. Im Quartier rufen aermliche Haendler ihre Ware aus oder zanken sich Frauen unter unserem Fenster. Ruhe finden wir in den Moscheen oder öffentlichen Parks, wo man bei fliegenden Haendlern Tee kaufen und den flanierenden Menschen zuschauen kann.

Man laesst uns beobachten. Tradition und Moderne gehen Hand in Hand, wenn man coole Schuhe in Strassen findet, in denen sich wie im Basar ein Schuhgeschaeft ans andere reiht. Für viele junge Frauen scheint es kein Problem zu sein, das islamische Kopftuch mit modisch-frecher Kleidung zu kombinieren. Die Kultur zu verstehen ist schwierig, die Sprache zwecklos. Die Ausnahme bestaetigt die Regel: Am gişe (ş wie dt. sch) kauft man sich das bilet für den otobüs oder am büfe einen Imbiss. Für die Weıiterreise reicht das ja schon mal. Als Naechstes wollen wir uns die vielen Ruinen aus griechischer Zeit entlang der Küste anschauen.

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