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Istanbul - Beijing 2004
Oktober 14, 2004
 
Beijing - Bern

Verbotene Stadt, Sommerpalast, Himmelstempel, Platz des himmlischen Friedens, Mao-Mausoleum, Museen, Ausstellungen, shoppen - Beijing bietet jedem Touristen etwas. Wir erwischen einen wunderschoenen Tag fuer eine lange Wanderung ueber ein nur von auslaendischen Touristen besuchtes Mauerstueck. Denn eines sind die ChinesInnen sicher nicht: Wanderer. Da sie normalerweise mit Stoeckelschuhen und Bundfaltenhosen ausgeruestet sind, findet man 15 Minuten weg vom Carparkplatz auch bei der ueberfuelltesten Touristenattraktion ein ruhiges Plaetzchen. Auch wir packen ein LETZTES Mal unsere Wanderschuhe ein. Bereits im Flugzeug muessen wir uns umgewoehnen, erstmals nach ueber 5 Monaten koennte man wieder verstehen, was wir uns so alles zu erzaehlen haben.

Ende September sind wir sicher und gesund wieder in der Schweiz gelandet. Ab Anfang Dezember haben wir wieder eine feste Adresse.
 

Panda? Panda! Panda?

Auf der Karte des chinesischen Verkehrsbueros ist suedlich von Xi`an ein Reservat fuer Riesenpandas eingezeichnet, und das Reisebuero gibt uns eine 90%ige Sicherheit fuer die Sichtung eines Pandas an. Erwartungsvoll starten wir am naechsten Morgen. Doch bereits der Taxifahrer lacht uns aus, Pandas gebe es hier nicht, sondern nur in der suedlichen Nachbarprovinz Sichuan. Am Busbahnhof wird uns mehrfach beschieden, der Bus fahre in einer Stunde. Nach 35 Minuten sind wir zurueck, der Bus ist da, aber bereits voll. Naechster Bus in einer Stunde, wir bleiben auf Platz und tatsaechlich erscheint nach 30 Minuten ein Bus und wir ergattern zwei der letzten Plaetze. Merke: Chinesische Busse fahren irgendwann ab und kommen irgendwann auch an. Dafuer ist die Fahrt landschaftlich sehr schoen.

Ein grosses Pandaplakat kuendet tatsaechlich den Park an. Der Parkleiter macht uns aber sofort klar, dass die Pandas zur Zeit hoch in den Bergen weilen und erst im Winter hinunter ins Tal kommen. Wohl um uns die Enttaeuschung einer Nicht-Sichtung oder die daraus befuerchteten Vorwuerfe zu vermeiden (den wahren Grund haben wir nie erfahren), werden wir nun mit einer Reihe von Halbwahrheiten eingedeckt, um uns von unserer Besichtigungstour abzubringen. Erst ist es ein hoher Eintrittspreis - wir sind bereit zu zahlen; dann wird es regnen - wir haben gute Regenkleider und der Wetterbericht klang ausgezeichnet; das Parkauto steht nicht zur Verfuegung - wir bezahlen ein Taxi; schliesslich hat der Forstingenieur, der als Uebersetzer fungiert, am naechsten Tag keine Zeit. Das Palaver zieht sich ueber Minuten hin, unterbrochen von chinesischen Diskussionen und Teetrinken - irgendwann ist der Widerstand gebrochen.
Am naechsten Morgen fahren wir mit dem Forstingenieur im Taxi bei strahlendem Sonnenschein in den Pandapark. Wir stoebern durch dichtes Bambusdickicht, erklimmen einen steilen Bergkamm, feldstechern vergebens an den gegenueberliegenden Hang und pirschen trotzdem hoffnungsvoll weiter. Denn es gibt auch Takins hier, Riesenschafe, so gross wie Rinder. Wir finden viele frische Huf- und Dungspuren, aber ausser einer Giftschlange sehen wir nichts Unbekanntes. Der Parkleiter hat also Recht behalten.



Es ist nicht allein die Sprachbarriere, welche das Reisen in China fuer Individualreisende so schwierig macht. Oft haben die ChinesInnen einfach voellig falsche Vorstellungen, was die Westler ueberhaupt begehren. Sieben anstrengende Stunden durch die Wildnis wandern, dafuer CHF 30.- zahlen, ohne einen Panda zu sehen - fuer einen Chinesen verrueckt. Wir hingegen finden die chinesischen Touren verrueckt. Statt moeglichst viel Zeit an den interessanten Orten zu verbringen, werden viele kleine, gleichaussehende Tempel besucht und lange Einkaufs- und Essensstopps eingebaut. Hauptsache, die Tour dauert moeglichst lange!

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Kommunismus?

Freie Marktwirtschaft! Vom wilden Westen bis ins traditionelle Herzen des Landes nichts als Handel, Handel, Handel. Besonders stossend finden wir die enormen sozialen Unterschiede: Waehrend alten oder behinderten Menschen oft nichts bleibt als die Bettelei, sind die teuren amerikanischen Fast Food Restaurants stets rumsvoll.

Was vom Kommunismus uebrig ist: Die umstaendliche Zettelwirtschaft beim Bezahlen im Kaufhaus (die wohl Korruption verhindern soll) oder die vorgeschriebene Anzahl Personal pro Quadratmeter im Supermarkt oder Restaurant. So sind es denn eher die autoritaeren Elemente, die uns auffallen: Der morgendliche Appell der Angestellten in Reih und Glied oder die soziale Kontrolle im Hotel, wenn nur die Concierge ueber den Zimmerschluessel verfuegt. Eine Englischstudentin erzaehlt uns, dass ihre Lehrer darueber bestimmen, wer einen Auslandaufenthalt absolvieren darf - sofern er oder sie einen Pass bekommt, resp. das hohe Schmiergeld bezahlen kann. Wie Oli und Katharina in Peking uns erklären: Vom Kommunismus ist tatsaechlich nichts mehr als eine Partei übrig, die sich an die Macht klammert. Die einseitige Berichterstattung in den Medien (es gibt ein englischsprachiges Fernsehprogramm) kennen wir auch aus sogenannt freiheitlichen Laendern...

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Im Herzen Chinas

Auf dem Weg von der tibetischen Hochebene herab sehen die Berge aus wie auf chinesischen Tuschbildern, steil aufragend mit runden Kuppen. Die meisten Hügel sind bis zuoberst terrassiert: Das kleinste Stück Land wird noch als Feld genutzt. Die Flächen sind so klein, dass mit Ochsen gepflügt und von Hand geerntet wird. Nur beim Dreschen machen es sich die Bauern bequem: Die Garben werden auf der Strasse ausgelegt, und die darüber fahrenden Autos lösen die Körner aus den Ähren. An die Stelle der Flachdachbauten aus Lehm treten nun Dörfer mit den typisch chinesischen leicht geschwungenen Ziegeldächern. Wir sind im chinesischen Kernland am Gelben Fluss angelangt. Der Fluss ist tatsächlich gelb (bzw. gelb-rot-braun) und bewässert mit seinem fruchtbaren Löss die weiten Ebenen. Mais-Monokulturen begleiten uns nun bis nach Peking. Leider auch das dunstige Wetter, denn wir bewegen uns entlang dem Rand der Regenzone, und entsprechend hoch ist die Luftfeuchtigkeit. Auch die vielen Kohlekraftwerke bzw. -heizungen tragen ihren Teil zur schlechten Sicht bei.

Mit Xi'an erreichen wir das offizielle Ende der Seidenstrasse. Hier befand sich über 1000 Jahre lang die Hauptstadt der alten Kaiserdynastien. Die Kaisergräber ragen als klar erkennbare Hügel aus der Landschaft, sind aber alle noch ungeöffnet. Die Grabkammer des ersten Kaisers soll unglaubliche 460m x 390m gross sein und ein Relief der damals bekannten Welt enthalten, wobei für die Gewässer Quecksilber verwendet wurde. Dieses Gift, technische Schwierigkeiten und die damit verbundenen enormen Kosten verhindern eine Öffnung der Gräber. Funde aus Nebengräbern machen das Museum von Xi'an trotzdem zum wohl interessantesten in China. Und die sagenhafte Terrakotta-Armee mit ihren 6000 individuell gestalteten Lehmsoldaten, welche das Grab des ersten Kaisers bewacht, ist alleine den Besuch von Xi'an wert.

In einem Tempel in einer Nachbarstadt wurde nach einem Blitzeinschlag ein Schatz aus der Tang-Dynastie entdeckt, der neben wunderschönen Gold- und Silbergefässen, auch einige "echte" Fingerknochen von Sakamuni (243 v.Chr.), dem Gründer des Buddhismus, enthielt. Damit ist unsere Sammlung sozusagen vollständig, sind wir doch auf unserer langen Reise natürlich auch "echten" Reliquien von Jesus, Mohammed und zahlloser seiner Irgendwie-Verwandten begegnet, besichtigten mindestens zwei Gräber von Abraham oder diverse Geburtsstätten von Hiob, usw... Nur die Überreste der Arche Noah besuchten wir nicht, die waren noch tief unter dem Schnee, als wir damals im Frühsommer den Ararat passierten.

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