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Istanbul - Beijing 2004
Juli 24, 2004
 
Ferien von den Ferien

Nach drei Monaten Besichtigungen sind Neugier und Aufnahmefaehigkeit eingeschraenkt, die Hitze macht uns schlapp. Also auf in die kirgisischen Berge, wandern, baden und faulenzen. Wir wandern im Nationalpark Ala Archa ausserhalb Bishkeks und machen Strandferien am See Issyk Kul, alles in bester Gesellschaft von Gesa und Christoph aus Hamburg. Doch mit ihnen verlaesst uns das gute Wetter, von nun an sind Geduld und Flexibilitaet angesagt. Zuerst gehen wir kuren, dann warten wir in Karakol am Fuss der Berge vier Tage darauf, dass der Regen nachlaesst. Mit uns warten alle anderen Reisenden, von denen manche viel laengere und verruecktere Touren unternehmen als wir: Karin und Sven, die zu Fuss und Pferd und orientierungslaufend Asien bereisen; Sarah und Markus, die eine aehnliche Route wie wir mit dem Fahrrad zurueckgelegt haben; einen Japaner, der franzoesisch spricht und einen Mexikaner, der russisch kann. Man trifft sich dauernd, im Guesthouse, auf dem Markt, beim Coiffeur. Dass wir unsere Leseferien im warmen Bett verbringen wuerden, hatten wir uns so nicht vorgestellt. Schliesslich hoert der Regen so lange auf, dass wir die dreitaegige Wanderung zum Bergsee Ala Koel wagen. Fuer den Trek ueber satte Blumenwiesen, zum tuerkisen See mit dem Gletscher im Hintergrund, ueber den schneebedeckten Pass auf 3860m und hinab durch juraaehnliche Hochweiden haben wir strahlenden Sonnenschein. Die Nacht im Zelt auf 3000m unter sternenklarem Himmel ist jedoch im wahrsten Sinn des Worts eiskalt, und die gemieteten Schlafsaecke haben schon einige Daunenfedern zuviel verloren. Am letzten Tag wandern wir mal wieder im stroemenden Regen zu Tal. Als auf dem Weg zum geplanten Jurtenbesuch schon wieder Gewitterwolken aufziehen, aendern wir unsere Plaene und verbringen nochmals einen herrlichen Strandtag am Issyk Kul. Auf einen feucht-kalten Jurtenbesuch im Hochland haben wir nun wirklich keine Lust mehr.

Im Sanatorium

Ein Amerikaner in Tashkent hatte uns nach der Bedeutung des Worts Sanatorium auf deutsch gefragt, denn der Ausdruck wird auch auf russisch verwendet. Auf englisch wird darunter ein Irrenhaus verstanden, und als wir unter der weissgekachelten, angerosteten Dusche des ehemaligen Parteibonzen-Sanatoriums stehen, kommt trotz den freundlichen russischen Matronen ein mulmiges Gefuehl auf: Kommen wir hier wieder heil heraus? Das Wellnessprogramm wird uns von der einzigen Angestellten verschrieben, die englisch spricht - in einem mit 'Psychotherapie' angeschriebenen Buero, in dem ein Geraet steht, das wie ein Luegendetektor aussieht. Selbst aerztliche Leistungen sind im (stolzen) Dollarpreis inbegriffen. Man kann inhalieren oder sich den Darm entleeren lassen ('purgation' erinnert uns irgendwie ans Fegefeuer); eine Abtreibung wird gemaess Preisliste hingegen separat verrechnet... Wir kommen schliesslich doch gesund und ganz heraus - in Mineralien gebadet, von einem Feuerwehrschlauch massiert und vollgestopft mit russischer Vollpension. Letztere bestellt man sich von einem gedruckten Menuzettel, von dem es fuer jeden Wochentag einen gibt. Viel einfacher geht es schliesslich in den heissen Quellen zu und her, die wir zur Unterbrechung einer unserer Regenwanderungen besuchen. Die Russen kuehlen sich zwischendurch im gletscherkalten Fluss ab; uns reicht es, unsere schmerzenden Glieder im heissen, leicht schwefligen Wasser zu waermen.

In der Jurte

Als sich das Wetter wieder etwas stabilisiert hat, fahren wir doch noch auf einen Jailoo, zu deutsch eine Alp. Kaum haben wir Platz genommen in der Gaeste-Jurte, wird er auch schon hereingetragen: der Kumis, gegorene Stutenmilch - gleich ein ganzer Kuebel davon. Tapfer schluerfen wir unsere Tassen genau bis zu dem Zeitpunkt leer, da der Tee fertig ist. Auch das spaetere Abendessen, kraeftig gesalzene Schafsinnereien mit Buchweizen, rutscht nicht ohne Widerstand die Kehle hinunter. Zum Dessert gibt's Kumis. Waehrend wir noch am Ueberlegen sind, wie die ganze Grossfamilie wohl in der anderen Jurte Platz findet, schlafen wir unter mehreren Lagen dicker Decken wohlig ein. Nur unsere Maegen arbeiten weiter... Aber gesund muss das Zeug ja sein, Oma und Opa scheinen jedenfalls top in Form zu sein. Oma schmeisst den Haushalt, Opa huetet den ganzen Tag die Schafe. Ein kirgisischer Hirte verrichtet seine Arbeit vom Pferd aus. Deshalb laesst man uns die Huegel, die das sanfte Tal umgeben, gar nicht erst zu Fuss besteigen. Wir werden zum Reiten genoetigt, was uns schliesslich sogar Spass macht. Am letzten Tag wird jedoch nichts aus der Reiterei. Die ganze Familie ist damit beschaeftigt, eine Kuh, welche in der Nacht gestorben ist, auseinander zu nehmen und auf den Markt im Tal zu befoerdern. Als das Auto, das uns abholen sollte, nach drei Stunden noch immer nicht da ist, befuerchten wir schon, zur abendlichen Schlachtplatte eingeladen zu werden. Von der ganzen Kuh stehen nur noch die Innereien neben dem Kochherd. Noch nervoeser macht uns jedoch, dass am naechsten Morgen frueh unser Transport nach China geht und es zu Fuss vier Stunden ins naechste Dorf sind, wo vielleicht ein Taxi zu finden ist. Bevor wir ganz verzweifeln, holt uns schliesslich der Koordinator der Jurtenbesuche persoenlich doch noch ab.

P.S.

Mittlerweile sind wir in China und haben Probleme mit dem Bloggern. Der Rueckstand unserer Berichte wird dadurch wohl noch etwas laenger. Immerhin ist es nicht die Great Chinese Fire Wall, die uns am Schreiben hindert.






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